Negativs

Verfasst:
27. November 2008 15:26
von Azunela
Hallo,
haltet ihr euch an die Empfehlung, das auf jeden Negativ-Trail (Ansatz) ein Positiv-Trail folgen soll?
Gestern habe ich mein Training mit einem Negativ-Ansatz abgeschlossen. Azunela kam danach ins Auto, ohne Positiv-Trail.
Re: Negativs

Verfasst:
27. November 2008 21:50
von Oliver
Schöne Frage !

Ein Negativ hält für den Hund sicher ein gewisses Frustrationspotenzial bereit, das ist wohl auch unbestritten. Unterschiedliche Ansichten gibt es aber über die Frage in welchem Maß man den Hunden Frustration zumuten kann. Ich bin auch kein Freund von „immer heile Welt“ und denke, dass ein Rettungshund lernen muss mit einer gewissen Portion an Frust klar zu kommen. Deshalb kann man sicher ab und an den „Flitzetrail“ nach dem Negativ auch mal ausfallen lassen.
LG
Oliver
Re: Negativs

Verfasst:
28. November 2008 08:12
von Azunela
Morgen!
Wenn ich bedenke, wie Hunde lernen und verknüpfen, finde ich es wichtig, das man im fortgeschrittenden Training auch mal einen Negativ (Ansatz oder Trail) als letztes arbeitet. Der Hund muss "Nachdenenken" können, wenn er verknüpfen soll und das "Nachdenken" funktioniert nur bei den letzten Szequenzen.
Re: Negativs

Verfasst:
28. November 2008 09:29
von Steffi
Hi,
da kann ich mich nur anschließen. Ich denke auch, dass oft zuviel `Buhei`um das Training von Negativ-Trails gemacht wird, insbesondere was die empfohlene Häufigkeit angeht. Ich empfand Saida nach ihren bisherigen 'Negativs' auch nicht als gefrustet. Und tatsächlich wird es später in Einsätzen (die wir hoffentlich mal laufen werden

) ja auch leider eher so sein, dass der Hund auch keine VP am Ende hat.
Wichtig ist natürlich, dass man in anderen Trainingseinheiten dafür sorgt, dass der Hund viel Freude und Erfolge bei der Arbeit hat. Ich für meinen Teil werde zukünftig von der Empfehlung nur jedes 20-30igste Training einen 'Negativ' zu trainieren abweichen, bzw. habe das auch bereits getan. Dafür ist in meinen Augen das Erlernen einer sicheren und eindeutigigen NegativAnzeige zu wichtig. Bei beispielsweise 200 gearbeiteten Trails hätte ich dann u.U. 150 mal Kreuzungsarbeit gemacht, aber weniger als 10 Negativs. Was hilft es mir, wenn der Hund super Kreuzungen ausarbeiten kann, aber nicht in der Lage ist, mir schnell und eindeutig an einer Kreuzung zu sagen, das die VP dort gar nicht war oder die Trail dort endet.
Lerntheotetisch betrachtet muss man sich ja auch die Frage stellen, wie ein Hund etwas sicher lernen und verknüpfen soll, wenn er auf ein Jahr hin gesehen nur an ca. 4 von 365 Tagen die Möglichkeit dazu hat.
Abgesehen vom Frustfaktor liegt ja eine weitere Begründung für die weitläufig empfohlene geringe Anzahl der 'Negativtrainings' auch darin, dass man den Hunden teilweise unterstellt, sie würden auf der Trail dazu neigen dem Hundführer ein Pseudo-Negativ zu zeigen, weil sie beispielsweise keine Lust mehr haben oder grad mal nicht weiter wissen. Was meinst du dazu?
Marita macht doch, soweit ich mich erinnern kann, sehr häufig Negativs mit Grisu- konntet ihr bei ihm so ein Verhalten feststellen?
Als letztes noch meine Gedanken zum `Negativ` ohne anschließenden Positivtrail. Ja, ich denke auch, dass der Lerneffekt für den Hund dann größer ist, würde aber bei meinem Hund trotzdem ab und an mal einen Funtrail dranhängen. Außerdem würde bei einem Trainingstag wo der Hund 2 Trails arbeiten kann den 'Negativ' im ersten Durchgang machen. Dann hat er nach einer längeren Pause von 1,5-2 Stunden nochmal die Möglichkeit wieder einen positiv endenden Trail zu absolvieren.
LG
Steffi
Re: Negativs

Verfasst:
28. November 2008 09:46
von Azunela
Steffi, du schreibst mir aus der Seele. Deswegen verstehen wir uns auch so gut .... es ist eine Wellenlänge!
Grisu startet immer noch mit totaler Begeisterung, auch wenn Marita teilweise jeden 2. Tag einen Negativ arbeitet.
Wenn ich einen positiven Trail haben möchte, spiele ich "dummes Frauchen", welches am Startpunkt die GAs vertauscht

. Zuerst bekommt Azunela den falschen und muss mir einen Negativ anzeigen. Je nach Lust und Laune nehme ich entweder den ersten an oder ich schicke sie noch in alle anderen Richtungen, bevor ich ihn akzeptiere. Azunela bekommt auch immer ihre normale Belohnung. Danach gibt es den richtigen GA und einen schönen Poitivtrail.
Re: Negativs

Verfasst:
28. November 2008 10:13
von James
Ich habe bisher nur einen Negativ gemacht. Und das auch viel zu früh. James war hoffnungslos überfordert. Ich denke, ich bleibe erst einmal, trotz hoch motivierten Hundes, bei der Basisarbeit.
Ich habe gelernt, daß die Motivation des Hundes das Wichtigste ist. Und das u. U. gerade bei einem von Grund auf sehr hoch motivierten Hund die Motivation schnell kippen kann. Das möchte ich nicht riskieren und würde die Frustrationstoleranz beim Trail nur sehr langsam aufbauen wollen; obwohl ich schon denke, daß James, durch außertrailliche Arbeiten damit umgehen könnte.
Tschüß
Ina
Re: Negativs

Verfasst:
28. November 2008 10:15
von Azunela
Hallo Ina,
ich fange in meinen Kursen immer sehr früh mit einem Negativ an und habe bisher durchweg nur gute Erfahrungen damit gemacht.
Re: Negativs

Verfasst:
28. November 2008 10:48
von James
Hi Yvonne,
warum machst Du das Negativ sehr früh? Was heißt sehr früh?
Und wie genau sehen die postiven Erfahrungen aus?
Gruß
Ina
Re: Negativs

Verfasst:
28. November 2008 11:02
von Azunela
Hallo Ina,
meine Kurse unterteilen sich in einen Basisworkshop (10 Wochen) und einen Aufbauworkshop (5 Wochen). Im Aufbauworkshop machen wir dann den ersten Negativ, die Hunde trailen dann so zwischen 4 und 6 Monaten.
Positive Erfahrungen deshalb, weil eigentlich alle Hunde sofort den Negativ verstanden haben bzw. gezeigt haben. Bei einer Pointerhündin war es zusätzlich so, das ihre Negativanzeigen auf dem Trail danach deutlicher wurden.
Re: Negativs

Verfasst:
30. November 2008 10:50
von Holmes
Ich sehe den Negativ eher als einen Test an. Der Hund hat an vielen Beispielen gelernt, dass GA = Spur = Finden sowie eine Belohnung beinhalten. Die Verknüpfung ist in jedem Fall immer zielführend gewesen. Mit dem Spiel was er erlernt hat, hat er auch sein Ziel erreicht.
Bekommt er nun einen GA der zu keiner Spur am Place last seen passt, zeigt er ein Verhalten, was nicht mehr zu den trainierten Startsequenzen passt. Für den Hund sehr frustierend, da seine Erwartungshaltung aufgrund der gewählten Ausbildung recht hoch ist. GA ist gleichbedeutend mit seiner Erwartungshaltung, er will unbedingt starten. Für mich nur wichtig, dass ich ihm ein Verhalten antrainiere, bei dem er mir zeigt, dass er ein Problem hat und wir es lösen müssen. Ich persönlich halte es für eher kontraproduktiv einen Negativen Start zu trainieren.
Erklärung: Ich als HF weiß, dass es keine Spur gibt. So ist meine Erwartungshaltung eine andere als bei einem positiv verlaufenden Start. So weit kann sich keiner verstellen. Unbewußte Verhaltensweisen werden durch die Hunde recht schnell wahrgenommen und werden auch schnell in ein Verhaltensmuster eingefügt. Der Hund erkennt ziemlich deutlich, dass der HF sich anders verhält und sucht nach dem zielführenden Verhalten.
Die Probe aufs Exempel haben wir mehrfach ausprobieren können. Einem HF, der der Meinung ist, es gibt einen Spurverlauf, reicht man einen GA, der nicht zur Spur passt. Der Hund startet. Erfahrungen die wir über einen recht langen Zeitraum gesammelt haben.
Aus diesem Grunde nutzen wir eine andere Ausbildung sowie Trainingsstruktur. Hat der Hund in vielen Trainingseinheiten aufgezeigt, dass er den Quickstart auch ohne Wissen des HF sicher und schnell ausführt, testen wir den Negativen Start an. Der Hund will starten und zeigt schon im Bereich des Anriechens sein Problem. Er hat keinen Spurverlauf. Fast selbstständig gehen die Hunde, nachdem sie gestartet wurden, in einen Kreis um einen Spuransatz zu finden. Sicheres Zeichen dafür, dass der Hund die Verknüpfung GA = Spur auf der Festplatte hat. Das Kreisen führt zu keinem Ergebnis. Ein Losstürzen ist fehlerhaft und zeigt auf, dass im Aufbau einiges schief gelaufen ist.
Da der Hund selbstständig in den Kreis geht, wird er auch von mir nicht aus dem Kreis gelassen. Der Hund sucht mal schneller mal langsamer den Blickkontakt zu mir. Mehr brauche ich erstmal nicht. Er wird von mir angesprochen und "belohnt". Anschließend erhält der Hund nach diesem Erlebnis einen Intensity, nichts anderes wie einen Motivationstrail.
Die auf der Spur gezeigten Ausschlüsse Scent - kein Scent sind erstmal als negative Abgrenzung des eigentlichen Trailverlauf zu sehen. Gerade das Schlangenlinienlaufen ist interessant und eine von dem Hund in natürlicher Form gezeigte Verhaltensweise. Durch Techniken und bestimmte Aufbauschritte kann dieses Verhalten des Abgrenzens verstärkt werden. Für mich ist wichtig, dass der Hund im Aufbau diese Abgrenzungen auf gewachsene Flächen, Feld, Wald Wiese sicher zeigt. Eine Kreuzung arbeitet er bei all den Trainingseinheiten die folgen recht sicher und schnell mit den Abgrenzungen ab. Für mich hat es sich in all den Jahren gezeigt, dass der von uns genutzte Intensity = Motivationstrail zielführend eingesetzt werden kann. Diese negativen Abgrenzungen haben mit dem o.g. Negativ nichts zu tun.
Der Hund ist auf der Trail und folgt einer Spur. Er ist in Bewegung. Sein Focus liegt auf der Spur, da er gelernt hat schnell und zielstrebig an sein Ziel zu kommen. Durch sein Suchverhalten zeigt er immer wieder den richtigen Spurverlauf an, er korrigiert sich. Die von ihm gezeigte Körpersprache zeigt eindeutige Hinweise auf, dass er sich den Weg nasentechnisch erarbeitet. Die da aufgezeigten Negativs haben mit dem negativen Start nichts zu tun.
Ich weiß nicht, ob jemand schon diese Erfahrung gemacht hat. Ich für mich habe den Weg über eine motivierte Arbeitsform beim Trailen gewählt. Alles wird in dieser Form gearbeitet, selbst Korreturen von Fehlverhalten gehen wir mit den Intensities an. Das Stürzen, auch oft angesprochene Arbeiten über die Augen hat erstmal andere Hintergründe.
Das Startritual umfasst mehrere Bereiche und ist in jedem Start immer gleich. Auch das Schnallen der genutzten Geschirre erfolgt immer nach dem gleichen Muster. Vorgesetzt ist der Perimeter. Am Halsband geführt, mit der langen Leine um dem Hund die Möglichkeit zu geben, den Startbereich nach allerlei Gerüchen abzusuchen.
Das heißt, dass meine Hunde recht energiegeladen an den Start gehen. Ich halte meine Hunde zwischen den Knien und lasse sie aus der Tüte anriechen. Ist der Start mit einer Spur versehen, wird der Spurverlauf nach dem ersten Anriechen GA durch Headturns gesucht und angezeigt, ein Prescenting. Für mich ein äußerst wichtiges Verhalten des Hundes, da mir die Möglichkeit gegeben wird, dass Verhalten sicher deuten zu können und eine erste Rückmeldung meines Hundes zu haben.
Beide setzen ihre ganze Körperspannung ein um in diese wahrgenommene Richtung starten zu können. Aus diesem Grunde trainieren wir eher explizit Startsequenzen known oder unknown in kleinen Schritten mit unterschiedlichen Übungen und fügen zu einem späteren Zeitpunkt in den kleinen Übungen das Differenzieren ein. Ein nicht zu unterschätzender Punkt ist hier auch das versetzte Ansetzen des Hundes am GA zur Spur.
Bei dem negativen Start erfolgt alles gleich, gehen die Hunde an die Tüte, suchen, noch von mir während des weiteren Schnallens gehalten, mit den Headturns den Spurverlauf. Recht plötzlich verlieren sie sämtliche Körperspannung.
Da ich den negativen Start nicht explizit trainiere, aber jede andere Spielart nutze um den Focus des Hundes auf die Spur zu bekommen, zieht er die negativen Abgrenzungen eines Spurverlaufs nicht aus diesem Trainieren. Was für mich von größter Wichtigkeit ist die Startsequenz zu trainieren. Frustrationen im Zuge des Aufbaus ereignen sich genügend, sodass meiner Meinung nach, dem Hund über die Motivationserfolgsschiene lerntechnisch eine ganze Menge vermittelt werden kann.